Landkreis Peine. Vier Konzerte in vier Kirchen an zwei Abenden – so stimmte der St.-Urban-Gospelchor unter Leitung von Dr. Lars Peters seine Zuhörerinnen und Zuhörer auf Ostern ein. Zum Auftakt am frühen Abend des Karfreitag kamen rund 600 Gäste in die St.-Pancratii-Kirche in Solschen. Die ganz in schwarz gekleideten Sängerinnen und Sänger überreichten am Eingang das Abendmahl in Form eines Cräckers und einer Weintraube in einem Papierförmchen.
Auch im Altarraum feierten alle zunächst fröhlich, bis Pastor Andreas Bartholl, der die Rolle des Erzählers übernommen hatte, sagte: „Von jetzt an werde ich keinen Wein mehr mit euch trinken, bis ich ihn neu mit euch trinken kann, wenn mein Vater sein Werk vollendet hat!“
Der Chor erschrickt und erstarrt vollkommen, auch in der Kirche wird es sehr still. Mit dem eindrücklich vorgetragenen Lied „Bleibet hier und wachet mit mir“ geben die Sängerinnen und Sänger der Bitte Jesu Ausdruck, ihn in dieser Nacht nicht allein zu lassen. Doch vergebens – alle schlafen ein.
„Konntet ihr nicht eine Stunde wach bleiben“, ruft Bartholl wütend und verliest weiter die bekannte Geschichte des Verrates durch Judas und des Verhöres durch Pilatus. Der Chor macht mit und skandiert immer lauter „Kreuzige ihn, kreuzige ihn“. Einige der Sängerinnen laufen dazu sogar in den Mittelgang der Kirche, um auch dort wieder zu erstarren. Das Publikum ist still.
Zu „Were you there when they crucified my Lord?“ begleitet von Boris Alt am E-Piano wird ein Kreuz hereingetragen und mitten im Altarraum aufgestellt.
„Der Himmel verfinsterte sich und Jesus rief: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“, rief Pastor Bartholl in das Kirchenschiff, bevor Laura-Estel Quinones und Nils Kappe das „Agnus Die“ anstimmten, gefolgt von der deutschen Version, die Sven Schöne als Solo sang.
„Was ist hier eigentlich passiert? Warum können wir nicht aufeinander aufpassen? Verräter, Priester, Wortführer – treibst du selbst den Nagel ins Holz?“, fragte Chorleiter Dr. Peters und ließ dazu rote Herzen aus Papier am Kreuz zu Boden fallen. „Wo war Gott?“, fragte er.
Pastor Bartholl antwortete: „Er war der leidende Akteur selbst. Er lässt uns Menschen machen und greift nicht ein, aber mit der Auferstehung wird er die Gewalt brechen. Heute schon davon zu sprechen, will mir nicht über die Lippen. Jesus hat sich hingegeben für uns alle. An uns liegt es, was wir daraus machen.“
Mit dem Solo von Lina Schöne „Have mercy on us – schenk Frieden uns“ endete das Konzert. Minutenlange stehende Ovationen belohnten die großartige musikalische und schauspielerische Leistung aller Beteiligten.
Am gleichen Abend ging es in der Klein Ilseder St.-Urban-Kirche weiter. Am Karsamstag wurde die Passion in der Woltorfer Kirche und in der Peiner Friedenskirche aufgeführt. Insgesamt kamen mehr als 1500 Menschen, um so den Ausklang der Karwoche zu begehen und sich auf Ostern einzustimmen.