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Risse und Licht

Andacht zum Buß- und Bettag von Pastorin Femke Beckert

Der nasse Topf rutscht ihr aus der Hand, fällt erst auf ihren großen Zeh und dann mit einem lauten Knall auf die Fliesen. Der Schmerz sticht bis hoch ins Bein. Seifenwasser und Bratensoße spritzen an Küche und Wand. Auch das noch! Als der Schmerz nachlässt, merk sie: Die Fliese unter ihrem rechten Fuß hat einen Riss. Das auch noch! Fast trotzig stellt sie die nackten Füße fest auf den kalten Küchenboden. Ganz bewusst. Den Spülschwamm noch in der Hand. Er tropft. Es ist genug. Sie muss anhalten. Seit Wochen ist sie nur noch gerannt. Den Terminen und den Verpflichtungen hinterher. Einatmen. Ausatmen. Innehalten. Sie spürt ihre Müdigkeit. Tränen auf ihren Wangen. In den letzten Wochen hat es immer wieder laut geknallt. Sie ist dünnhäutig. Risse überall in ihrem Leben. So kommt es ihr vor. Es droht zu zerspringen und sie kämpft dagegen an. Ihr Blick fällt auf eine Postkarte am Kühlschrank. Ihre Freundin Sophie hat sie ihr vor einiger Zeit geschickt. „There’s a crack in everything. That’s how the light gets in.” Ein Zitat von Leonard Cohen. Es gibt einen Riss in allem. So kommt das Licht herein. Wie passend. In all dem Chaos muss sie lächeln. Risse gibt es in ihrem Leben reichlich. Vielleicht sollte sie sich mehr auf das Licht konzentrieren? Sie zieht das Smartphone aus der Hosentasche, scrollt in den Kontakten zu „S“ und ruft Sophie an. Als sie abnimmt, sagt die: „Ich habe gerade an dich gedacht! Wie geht es dir?“