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Kapitel 4 des "Peiner Spendenmärchens" spielt in der "Ambu"

 "Diese wichtige Arbeit verdient Respekt" - der anonyme Spender unterstützt die Ambulante Wohnungs-Nothilfe in Peine mit 10.000 Euro.

Von Thomas Stechert/Peiner Nachrichten

Das "Peiner Spendenmärchen" geht weiter. Das neue, nunmehr vierte Kapitel spielt in der Werderstraße 45 in Peine bei der Ambulanten Hilfe, der Beratungsstelle für Wohnungslose und für von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen. Im Auftrag des "anonymen Spenders" fungierte der frühere Redaktionsleiter der Peiner Nachrichten, Thomas Stechert, als Glücksbote und überbrachte dem Team der Wohnungsnothilfe 10.000 Euro.

Schon die Ankündigung, dass die "Ambu" eine "Rolle" in dem Spendemärchen bekommt, war für das Team eine große Überraschung. Noch größer war dann die Freude, als Stechert den stattlichen Stapel 200-Euro-Scheine aus der Wundertüte des Spenders übergab. Der Geldsegen kommt offenbar genau zur rechten Zeit: Die "Ambu" benötigt dringend eine Kühlanlage für Lebensmittel, welche sie an bedürftige Klienten ausgibt. Hier gibt es eine Kooperation mit der Peiner Tafel. Außerdem soll kurzfristig eine neue Waschmaschine angeschafft werden, die von Wohnungslosen genutzt werden kann. "Wir sind dem anonymen Spender sehr, sehr dankbar, bitte sagen Sie ihm das", betonte Monika Bartels-Röker, Regionalleiterin der Diakonischen Gesellschaft Wohnen und Beraten, zuständig für Peine, Wolfenbüttel, Helmstedt und Goslar.

Der Wohltäter unterstützt seit vielen Jahren regelmäßig soziale und karitative Einrichtungen sowie unverschuldet in Not geratene Menschen in der gesamten Braunschweiger Region mit seinen Zuwendungen – stets mit der selben Handschrift: jeweils mit einer selbstgebastelten „Wundertüte", einem persönlichen Brief an den Empfänger und einem liebevoll gestalteten Plakat. Unserer Zeitung entnimmt er, wo er mit seinem Vermögen helfen kann. Auf vertraulichem Wege lässt er dann seine Spenden über die Redaktionen überbringen - inzwischen ist sehr hoher sechsstelliger Betrag zusammengekommen.

 Sein Motiv, sein im Berufsleben erwirtschaftetes Vermögen für gute Zwecke zu verschenken, erklärte er am Beispiel der Ambulanten Hilfe Peine so: "Menschen in Not zu helfen, ist eine dankenswerte Tätigkeit, die Respekt, Anerkennung und Unterstützung verdient. Gern bin ich bereit, die wichtige Arbeit der Ambulanten Hilfe zu fördern, damit das Team bedürftigen Menschen helfen kann."

 Ausdrücklicher Wunsch des Spenders war es, dass die Vermittlung von seinen Kontaktpersonen der Zeitung, die sein "besonderes Vertrauen" genießen, wahrgenommen wird - von der früheren Redaktionssekretärin Doris Baum und eben dem ehemaligen Lokalchef Thomas Stechert. Im Interesse der guten Sache haben beide diese Bitte gern erfüllt. Selbst in öffentliche Erscheinung treten will der Wohltäter nicht. Ihm genügt es zu wissen, dass seine Spenden dem Empfänger in einer Notlage wirksam helfen. Diese Zurückhaltung spricht für seine Bescheidenheit, abgesehen davon würde er durch eine mediale Offenbarung Gefahr laufen, dass ihm Neider oder Bittsteller zusetzen.

Die Serie zahlreicher anonymer Geldspenden in Braunschweig und Umgebung hat 2011 begonnen und inzwischen schon einen Eintrag in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia mit der Überschrift "Wunder von Braunschweig" gefunden. Der Großteil dieser Serie trägt die unverwechselbare Handschrift des "anonymen Spenders". Ebenfalls großzügige Einzelspenden weiterer Personen, die nicht genannt werden wollten, kamen im Lauf der Zeit hinzu - was die Vermutung und auch die Hoffnung keimen lässt, dass sich durch das "Wunder" eine besondere Spendenkultur etabliert haben könnte.

 In Peine hat der anonyme Spender im vorigen Jahr schon zweimal die Peiner Tafel an der Braunschweiger Straße in der Südstadt bedacht - einmal mit 10.000 Euro, dann nochmals mit 20.000 Euro. Außerdem gab er für das Peiner Tierheim 10.000 "Mäuse". Bote war stets die Lokalredaktion Peiner Nachrichten.

 Die Ambulante Hilfe in Peine besteht bereits seit mehr als 30 Jahren. Sie gehört zur evangelischen Dachstiftung Diakonie. In der Beratungsstelle in Peine arbeiten mittlerweile zehn Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Jenny Thiele-Meier erläuterte im Gespräch mit unserer Zeitung die aktuelle Situation: "Zurzeit betreuen wir rund 110 Menschen ab 18 Jahren fest. Hinzu kommen noch rund 40 Personen in unserem Basisangebot - das bedeutet, dass deren Betreuungsbedarf etwas geringer ist, weil sie zum Beispiel nur kurzfristig eine postalische Erreichbarkeit benötigen oder nur einige wenige Beratungsgespräche."

"In unserer täglichen Arbeit haben wir es in der Regel mit Wohnungsverlust aufgrund von Überschuldung oder Trennung oder zum Beispiel Haftaufenthalt zu tun", ergänzte Melanie Hartopp. Auch Miet- oder Energieschulden führten Menschen aus dem Peiner Land in die Beratungsstelle.

 "Nicht immer liegt ein Selbstverschulden vor", betonte Mitarbeiterin Silke Reising, "häufig sind es dramatische Schicksalsschläge, die zum Verlust einer bis dahin gesicherten Existenz führen." Dazu gehöre zum Beispiel der Verlust des Ehepartners, sei es durch Trennung oder Tod. Und wenn dann nur eine kleine Rente übrig bleibe, sei der Weg in die Mittellosigkeit oder Armut schnell erreicht.

 Auch das Thema Gesundheit spiele eine wichtige Rolle, denn häufig würden lebenswichtige Medikamente oder Hilfsmittel wie Brillen oder Zahnersatz nur teils oder gar nicht von den Krankenkassen übernommen. "Hier", so Sozialarbeiter Stefan Wenske, "helfen wir mit einem Gesundheitsfonds weiter, aus dem wir den Klienten über Spenden die Medikamente oder Hilfsmittel finanzieren können."

Einen Hilfsfonds hat die Einrichtung auch für die Mobilität ihrer Klienten angelegt. Jenny Thiele-Meier erklärte den Hintergrund: "Unsere Klienten sind in vielen Fällen auch sozial isoliert. Die Möglichkeit, zum Beispiel per einem Zuschuss für den öffentlichen Personalverkehr sich freier bewegen zu können, schenkt dem Betroffenen zum einen neue Kontaktmöglichkeiten und zum anderen die Chance, den eigenen Aktionsradius zu erweitern." Über allem steht das Leitmotiv der "Ambu": "Jeder Mensch braucht ein Zuhause. Eine Bank ist kein Zuhause." 

Foto: Udo Starke